Massig heiße Musik in kalten Nächten

Tanna-Open-Air: Weniger Leute als im Vorjahr und trotzdem jede Menge Stimmung

Tanna/MZ. Klar, es war hundekalt in der Nacht und auf dem Wiesenterrain. Klar, die geliebten Sommerferien waren vorbei und der Tanna-Open-Air-Termin am vergangenen Wochenende schien da vielleicht nicht gerade die idealste Lösung gewesen zu sein. Vielleicht erklärt dies ja zumindest ein wenig, weshalb in Tanna diesmal nicht ganz so viele Leute über die Wiese tobten, wie im Jahr zuvor? Egal. Die, die am Ende das musikalische Taram-Tam-Tam an der frischen Luft erlebten, dürften auch ohne Massenberammlung vor der Bühne auf ihre Kosten gekommen sein.

Und immerhin: Sowohl am Freitagabend, als dann auch am Sonnabend fanden um die 800 Leute den Weg zum Kuhstall-Außen-Domizil. Belohnt wurden sie mit einer tipptopp durchorganisierten Veranstaltung, der es betreuungstechnisch an nichts fehlte und die gute Musikanten am Stück zu bieten hatten. So motzten "Feedback", "Hayden" und "Brutus" am Freitag erfolgreich die Stimmung auf.

Am Sonnabend übernahmen diesen Part u.a. "Josa & Kowa", "Sleeping Bag" oder der Jürgen Kerth. Bei ihm merkte man ziemlich fix: Kerth ist ein exzellenter Gitarrist, der so ganz und gar nicht zum Show-Heini taugt. Was von ihm kommt, kommt pur. Das war einerseits schon ziemlich aha-effekt-mäßig. Andererseits aber auch ein bisschen schade. Denn instrumental beachtlich war nicht nur Kerth selbst, sondern auch seine beiden Musikerkollegen an Schlagzeug und Bass. Die spielten zwar mit, doch so richtig heiß "bespielte" sich das Trio am Ende nicht. Wie gesagt: Für Kerth zählen in erster Linie mal die Ohren, nicht das Drumherum, und das Tanna-Publikum fand das völlig in Ordnung so.

Letzteres galt u.a. auch für "Birth Control", eine West-Berliner-Band, die ab Ende der 60er und ganz krass Anfang der 80er Jahre national und international für Furore sorgte. Übrig geblieben ist vom Kapellenstamm eigentlich nur der Drummer und die "Birth-Control-Stimme" Bernd "Nossi" Noske. Als solches hatte der dann schlag- und gesangstechnisch straff anderthalb Stunden zu tun. Den Leuten hat das offensichtlich total gefallen. Abfeten war hier angesagt. Uns hingegen war das auf Dauer einfach einen Dreh zu monoton. Wohlgemerkt nicht aus instrumentaler Sicht. Was Bass, Gitarre, Schlagzeug und Keyboard boten, war unheimlich kreativ und technisch höchst perfekt umgesetzt. Doch an vocaler Farbigkeit, da fehlte es eben.


© Sylvia Ehrenberg